Tschimpke: Bundesländer müssen jetzt Ende der umweltschädlichen Subventionspolitik einfordern
Berlin/Bad Sassendorf – Mit Blick auf die am heutigen Mittwoch beginnende Agrarministerkonferenz der Länder fordert der NABU eine deutlich naturverträglichere Verteilung der milliardenschweren Agrar-Subventionen. Jährlich fließen rund 6,5 Milliarden Euro von Brüssel nach Deutschland. Diese werden derzeit überwiegend pauschal, ineffizient und umweltschädlich verteilt, wie eine neue Analyse für Niedersachsen zeigt.
Erstmals hat der NABU, gemeinsam mit Daten-Analysten der Open Knowledge Foundation Deutschland, die aktuellsten Subventionsströme untersucht, exemplarisch für das Agrarland Niedersachsen. Die Ergebnisse sind auf interaktiven Karten bis auf Postleitzahlebene dargestellt. Fast eine Milliarde Euro flossen 2017 aus Brüssel nach Niedersachsen – lediglich Bayern erhielt mehr Gelder. Der Großteil (60 Prozent) ging dabei als Direktzahlungen auf das Konto der Betriebe, ungeachtet dessen wie diese produzieren, ob hoch-intensiv oder umweltfreundlich. Dem gegenüber stehen lediglich sechs Prozent der Gelder, die nachweislich einen Nutzen für die Natur hatten. Jeder vierte Euro (23 Prozent) versickerte zudem in ineffizienten „Greening“-Maßnahmen, die dem Namen nach zwar dem Naturschutz dienen, es de facto aber kaum tun.
„Mit ihrer Agrarpolitik zerstört die EU unsere Natur und Lebensgrundlagen – und das hochsubventioniert. Es kann nicht funktionieren, 80 Prozent der Gelder umweltschädlich oder ineffektiv zu verteilen und dann zu erwarten, dass wir die massiven Schäden mit sechs Prozent der Gelder reparieren", kritisierte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Derzeit belohnt die EU-Agrarpolitik primär den Flächenbesitz. Wer mehr Hektar hat, verdient mehr. Die Natur gerät dabei zusehends unter die Räder: Hecken verschwinden, ebenso Brachen, Blühstreifen und Insekten. Zudem fehlen echte Anreize, die es für Landwirte attraktiv machen, Platz für die Natur zu erhalten.
Eine Kehrtwende in der Förderpolitik sei dringend notwendig, auch im Eigeninteresse der Länder, wie das Beispiel Niedersachsen zeigt. Denn bislang schultern die Länder enorme finanzielle Lasten durch die Fehler der EU-Agrarpolitik: Dieses Jahr etwa durch außerplanmäßige oder zusätzliche Millionenzahlungen von Dürre-Nothilfen oder die Reparatur von Umweltschäden, etwa in Folge steigender Nitratwerte. Die Länder müssten die deutsche Verhandlungsführerin Julia Klöckner jetzt mit einem konkreten Auftrag nach Brüssel schicken: Das Ende der umweltschädlichen Direktzahlungen einzuläuten und stattdessen Naturschutzmaßnahmen zu fördern, die Bauern echte Anreize bieten nachhaltiger zu wirtschaften.
Doch trotz der Fehler der jetzigen Förderpolitik wird Bundesagrarministerin Klöckner derzeit nicht müde, die Notwendigkeit der Direktzahlungen zu betonen. Gleichzeitig droht in Europa ein Rennen um die niedrigsten Standards, Anforderungen für Natur- und Umweltschutz drohen weiter verwässert zu werden. So sollen beispielsweise die von der EU-Kommission als verpflichtend vorgeschlagenen Öko-Regelungen („Eco-Schemes“) nach dem Willen vieler Mitgliedstaaten nun freiwillig werden. „Bei diesem Rennen wird es nur Verlierer geben: die Umwelt, uns Steuerzahler und die Landwirte ebenso“, sagte der NABU-Präsident.
Sinnvoll wären hingegen starke und EU-weit einheitliche Standards, das Ende der umweltschädlichen Subventionen sowie eine Umschichtung der Gelder von den pauschalen Flächenprämien hin zur Förderung konkreter Naturschutzmaßnahmen. Dazu müsste künftig die Hälfte aller Agrargelder an Naturschutz-, Umwelt- und Klimaleistungen gebunden werden. Dadurch würde auch die derzeit klaffende Finanzierungslücke von 15 Milliarden Euro im Naturschutz endlich geschlossen. Möglich wäre dies problemlos – die vorhandenen Gelder müssten nur besser verteilt werden.
Die Analyse und interaktiven Karten der niedersächsischen Agrarsubventionen finden Sie hier: www.NABU.de/agrarsubventionen